Nach dem ersten Seetag und 626 zurückgelegten Seemeilen ist das erste Ziel unserer Reise erreicht: Tallinn.
Was ich bis zu diesem Zeitpunkt über Tallinn wusste, lies sich schriftlich wohl auf einem Bierdeckel unterbringen. Hauptstadt von Estland und die Zugehörigkeit zur Hanse. Punkt.
Etwas erweitert hat die an Bord befindliche Lektorin Marion Kappler (sie studierte Slawistik und Sinologie und ist neben der Tätigkeit als Reiseleiterin als Journalistin tätig) dieses Wissen, die zu den einzelnen Zielen Vorträge hielt und Ihre Vortragsreihe sinnvoller Weise mit Tallinn begann.
Für uns waren diese Vorträge das Highlight an Bord und der über Tallinn das absolute Highlight am gestrigen Seetag.
Leider kann man so schnell gar nicht alles behalten wie es einem präsentiert wird. Hätte es noch eine Lektüre dazu gegeben, von mir aus auch gegen einen Obulus, wäre es perfekt gewesen.
Insbesondere die Sache mit den Gilden fand ich spannend.
Irgendwelche Ausflüge hatten wir nicht gebucht. Irgendwie sah ich da keine Veranlassung zu.
So gingen wir dann auch im Prinzip völlig unvorbereitet und ahnungslos von Bord und nahmen eher aus Faulheit denn Notwendigkeit den Shuttlebus der AIDA, der uns nach kurzer Fahrt nahe des alten Zentrums absetzte.
Dank Google Maps und vollen 4G konnten wir uns recht gut orientieren und machten uns auf die Altstadt zu entdecken.
Am Rande Teile der Stadtmauer, die irgendwie was von der Garnison der Nachtwache bei Game of Thrones hatte.
Dann überall kleine Durchgänge oder gar, versteckt im Hinterhof ein Kloster.
Ich find sowas einfach toll.
Wir erreichten den Marktplatz und irgendwie hatten wir den Eindruck in Wismar zu sein, nur die Wasserkunst fehlte.
Tja, Hansestädte eben.
Und bei genauerem stöbern in Wikipedia und Co haben die beiden Städte sogar noch mehr gemeinsam: Fast zur gleichen Zeit gegründet, Wismar geschätzt 1226, Tallinn geschätzt 1230. Ist ja immer nicht so ganz klar ab wann man Stadt dazu sagen kann.
Klar ist aber, das Tallinn 1248 und Wismar 1266 Stadtrechte bekamen und zwar nach lübischem Recht.
Und in beiden Städten spielte sowohl der Deutsche Orden, die Hanse, als auch Schweden eine ansehnliche Rolle.
Zurück zum Stadtrundgang….
So ließen wir uns weiter durch die Stadt treiben und machten in einem kleine Cafe halt was neben einem sehr guten Kaffee auch unglaublich gut aussehenden Kuchen anbot.
Wer AIDA fährt, weiss guten Kaffee zu schätzen, an Bord gibt es sowas ja so gut wie nicht. Den Kuchen probierten wir nicht, was ich im Nachhinein als Fehler betrachte, wenn ich mir die Bilder der sehr glücklichen Kuchenesser an den Nachbartischen ins Gedächtnis rufe. Aber gefuttert haben, wir glaube ich, sowieso genug auf der Reise.
Viel zu schnell vergeht die Zeit und irgendwann nahmen wir den Shuttlebus zurück zum Schiff.
Im Vergleich zu einer geführten Tour haben wir vergleichsweise wenig von Tallinn gesehen. Dafür aber sehr entspannt.
Überhaupt sollte man sich darüber im Klaren sein, das eine solche Reise eher als Aperitif zu verstehen ist. Ein Tag pro Station ist sehr wenig, zu wenig um die Orte wirklich zu sehen.
Mit sehr gründlicher Vorbereitung kann man da noch etwas herausholen, oder man bucht tatsächlich für den ganzen Tag Ausflüge. Das ist allerdings je nach Ausflug nicht ganz billig, aber vor allem recht anstrengend.
Entspannt, gemütlich und auf eigene Faust ist Tallinn ( und, ohne zuviel zu verraten: auch die anderen Ziele! ) nicht in einem Tag zu machen. Im Falle von Tallinn würde ich 2-3 Tage ansetzen. Aber eine Reise ins Baltikum hatten wir ja eh schon immer mal auf dem Zettel.
Einen Teil des restlichen Tages verbrachten wir mit gespannten Lauschen beim Vortag der Lektorin über das morgige Ziel St.Petersburg, der natürlich viel zu schnell vorbei war und ein paar Getränken an der ruhigsten Ecke, die noch zum Barbereich gehörte. Aber, wie fast jeden Abend, hatten wir kaum Sitzfleisch und gingen recht früh zurück in die Kabine.